Ludwig Wucke
Salzunger Mundartdichter und Sagenforscher
(28.01.1807 - 01.05.1883)
Ludwig Wucke wurde am 28. Januar 1807 im heutigen Cafe Bein am Marktplatz in Bad Salzungen geboren. Sein Vater Gotthilf-Theodor war Apotheker und Arzt, er starb, als Ludwig gerade 7 Jahre alt war. Die Mutter, Dorothea Wucke, geb. Brückner, widmete sich ihren Kindern Ludwig und Friedericke. Nach erfolgreichem Besuch des Gymnasiums in Meiningen und dem Wunsch seiner Mutter entsprechend, studierte er von 1826 bis 1829 Rechtswissenschaft an der Universität Jena. Nach dem Studium kam Ludwig Wucke nach Bad Salzungen zurück. Er gab jedoch seinen Beruf als Jurist auf, denn er wollte Kunstmaler werden. Talent dazu hatte er. Ihn fehlten aber Geld und Einfluß, um ein Studium aufnehmen zu können.
Die große Liebe zur Malerei veranlasste ihn, sich an seinen Onkel zu wenden, um mit dessen Fürsprache und finanzieller Unterstützung den Besuch einer Kunstakademie zu erwirken. Sein Vorhaben scheiterte, er konnte sich diesen Lebenswunsch nicht erfüllen. Am 29.03.1832 trat Wucke freiwillig in das holländische Heer ein. In seiner freien Zeit widmete er sich weiter der Malerei. Dieser wurde ein jähes Ende gesetzt, als er sich eine Erkältung zuzog, die zu einer Augenentzündung führte. Wucke kam ins Lazarett. Die Behandlung blieb allerdings ohne Erfolg, sein Augenleiden verschlechterte sich zusehens. 1835 erblindete er vollständig. Ein Jahr später kam Ludwig Wucke wieder nach Salzungen zurück. Seine Mutter, Verwandte und Bekannte sorgten für ihn und gaben ihm Kraft, sein schweres Los zu meistern.
Wucke selbst hatte den starken Willen, nicht tatenlos zu sein und begann zu dichten. Als Blinder suchte er die Orte um Salzungen auf, reiste in die Rhön und in den Thüringer Wald, um Geheimnisvolles und Sagenhaftes aufzuspüren und niederzuschreiben. Besonders der Mundartdichtung und Sagensammlung widmete sich Ludwig Wucke. 1873 erhielt er für seine über 800 Sagen zählende Sammlung den Schillerpreis, verbunden mit 200 Talern. Seine mundartlichen Gedichte erschienen 1865 in erster Auflage. Wucke hatte zu den Menschen in und um Bad Salzungen sehr gute Beziehungen, alle kannten "ihren" Wucke. Am 1. Mai 1883 verschied Ludwig Wucke in Bad Salzungen. Sein Denkmal, am 30. April 1911 errichtet, steht im Rathenau-Park, Nähe Burgsee. Heute kann man sagen, daß der Dichter einer der bedeutendsten Persönlichkeiten Salzungens war.
Gedichte aus dem Werk "Aus meiner Heimat" von Ludwig Wucke
Ds kall Bad
"Na, Motter, därf ich in's Kallbad? Dort komme schunt die Jonge, Ei guckt so surr, un schittelt au Un tutt so korz gebonge". "Hall's Muil un mach me kai Geplärr Das wörd nött angefange, Dou bliest me aima uis d'r Werr, In die wörd nött gegange ." "Brömm, Motter, sall ich da nött nien? Genn all mi Kummerade Un au vill Klennere als ich Doch auch enien un bade." "Minthalbe! awwer kömmst de haim Un bist me engst d'rsoffe, So hast de auch nooch höngerdrin D'n Bockel voll ze hoffe."
Das kalte Bad
"Na, Mutter, darf ich in's kalte Bad?Dort kommen schon die Jungen, ihr guckt so sauer, und schüttelt auch und tut so kurz gebunden." ""Halte den Mund und mach mir kein Geplärr das wird nicht angefangen, du bleibst mir eben aus der Werra, in die wird nicht gegangen."" "Warum, Mutter, soll ich da nicht rein? Gehen alle meine Kameraden und auch viel Kleinere als ich doch auch hinein und baden." ""Meinet wegen! Aber kommst du nach Hause und bist mir vielleicht ersoffen, so hast du auch noch obendrein den Buckel voll zu erhoffen."
Onse Ziet
Ehrliche Liet, die musse d'rworch, Heichler un Schmeichler, die komme dorch. Un glickts nött, so wärrn se frech, D'r ehrlich Maan bezahlt ju die Zech.
Unsere Zeit
Ehrliche Leute, die müssen erwerken,Heuchler und Schmeichler, die kommen durch.Und glückt's nicht so, dann werden sie frech, der ehrliche Mann bezahlt ja die Zech'.
D'r Schusterjong u d'r Mözker
"Brömm, Nachber, wiegt Ei da
D'n Dume immer mit? Ei denkt wohl, dass mi Maistersche Das an d'n Flaisch nött sitt?" ""Jong, hall me's Muil, dem öß nött so, Dou stößt doch da d'rbei!"" "Dröm awe, Maister, seh ich ju D'n schwerre Dume lei. D'n Dume hann mei lang bezahlt, Das wößt Ei selber ju, Dröm hackt getrost d'n Dume ab Un läten da d'rzu."
Der Schusterjunge und der Metzger
"Warum, Nachbar, wiegt ihr da den Daumen immer mit? Ihr denkt wohl, dass meine Meisterin das an dem Fleisch nicht sieht?" "Junge, halte den Mund, dem ist nicht so, du stehst doch da dabei!" "Darum eben, Meister, sehe ich ja den schweren Daumen liegen. Den Daumen haben wir lange bezahlt, das wisst ihr selber ja, darum hackt getrost den Daumen ab und legt ihn da dazu."
D'r Bäck un die Bächersche
E Zwiegespreech
(Motto: Me blinn leine)
"Hanns, hörschte net, d'r Gickel kräht!" ""I freilich doch! Baß mei's verschlät!
Das ös erscht Vitter Haine sinner; Wart närt e Wiel, glich kräht au minner!"" "Dou hast au räächt, baß's ons angött! Un bann die Sonn am Himmel stött, Mei wunn ons da dröm nött bekömmer; Die Ziete wärrn von sälwer schlömmer; D'r Taak öß laank, die Waar wörd hart; Bär Seemel wöll, der kann gewart."
Der Bäcker und die Bäckersfrau
Ein Zwiegespräch
(Motto: Wir bleiben liegen)
"Hanns, hörst du nicht, der Hahn kräht!" ""Ja freilich doch! Was mir es schlägt! Das ist erst Vetter Heine seiner; Warte noch ein Weilchen, gleich kräht auch meiner."" "Du hast auch recht, was es uns angeht! Und wenn die Sonne am Himmel steht, wir wollen uns darum nicht bekümmern; die Zeiten werden von selber schlimmer; der Tag ist lang, die Ware wird hart; wer Semmeln will, der kann gewart'."